In der letzten Velinfo haben wir mit Andreas Merz über die Chancen von Cargobikes im gewerblichen Bereich gesprochen. In dieser Ausgabe schauen wir uns das neue Cargo-Bike mit Anhänger von Pro Velo Luzern etwas näher an.
Die Zugmaschine
Mit dem Tern GSD hat sich Pro-Velo Luzern ein praktisches, universelles Firmenfahrzeug angeschafft. Damit fahren wir nun Material an die Velobörse, zu den Velo-Fahrkursen oder zu Challenges von DEFI Velo. Das Zugfahrzeug ist mit einem Elektromotor ausgestattet. Das Für und Wider von E-Velos wird in Pro Velo Kreisen immer wieder angeregt diskutiert. Gerade die Zuschriften jeweils nach dem E-Bike Special des Velojournals kommen immer wieder kritisch daher. Aus unserer Sicht spielt der Elektromotor bei unserem Firmenfahrzeug seine Stärken klar aus und ermöglicht so einen vielfältigeren Einsatz mit unterschiedlich fitten Fahrer*innen.
Technisch gibt es einige Wege, die Tragfläche und -gewicht von Velos zu erhöhen: Beispielsweise durch die Erhöhung von einer Spur auf deren zwei. Das Gewicht kann vorne oder hinten getragen werden. Der Pro Velo «Laster» ist ein sogenanntes «Longtail», also ein Velo mit einem überlangen Heck. Das hat den Vorteil, dass es sich in den Fahreigenschaften kaum von einem normalen Velo unterscheidet und so von jeder Person ohne Eingewöhnungszeit gefahren werden kann. Das Velo ist äusserst solide gebaut, mit bärenstarken Bremsen von Magura und einer gut ansprechenden Federgabel, welche alle Strassenunebenheiten schluckt. So kommt das Velo mit 200kg Gesamtgewicht spielend zurecht. Auch können Leute von 155 bis 195cm Körpergrösse darauf Platz finden.
Irgendwie ist das Velo eine eierlegende Wollmilchsau, die nicht nur äusserst funktional und nützlich ist, sondern beim Fahren grossen Spass bereitet.
Was uns sehr gefällt
- Fahreigenschaften wie ein normales Velo
- Durch die 20 Zoll Räder tiefer Einstieg
- Grosse Anpassbarkeit mit vielen Anbaumöglichkeiten
- Leistungsfähige Bremsen
- Riesige Packtaschen
- Arretierbarer, solidester Zweibein-Ständer (ein Anhängerschubs kann das Velo nicht vom Ständer werfen)
- Mit der stufenlosen Enviolo Nabenschaltung kombiniert mit einem Zahnriemen anstelle einer Kette, hat man ein Sorglospaket im Antriebsbereich
- Starker Boschmotor, der auch bei maximaler Ladung ruhig unterstützt
- Durch die Möglichkeit des vertikalen Aufstellens, kann man das Velo einfach «in die Ecke stellen»
Kritischer sehen wir
- Der starke Motor hat eine Kehrseite: Der Akku muss relativ schnell ans Ladegerät angeschlossen werden. Die zweite Akkuaufnahme im Rahmen macht also Sinn…
- Mit über 33kg ist das Tern kein Leichtgewicht (rasch über ein paar Stufen aus dem Velokeller schleppen, macht gar keinen Spass… auch das Aufstellen nutzt man dadurch wohl eher bei längerem Nichtgebrauch)
- Für den gewerblichen Gebrauch sind die gestaltbaren Flächen fürs Marketing begrenzt
Der Anhänger
Doch zum wahren Transportwunder wird das neue Velo erst durch seinen Anhänger aus der Münchner Werkstatt «Hinterher». Die findigen Köpfe machen dort zurzeit wohl die vielseitigsten Anhängerkonstruktionen. Pro Velo hat sich für einen «Transporter 3» entschieden. Mit diesem können bis zu drei Velos gleichzeitig transportiert werden. Aber auch die Kunststoffkisten mit dem ganzen Material für die Velofahrkurse finden in einer Fuhre darauf Platz – oder es wurden 4 Pavillonzelte mit den dazugehörenden Seitenwänden für die Velobörse damit transportiert. Der Clou: Zum Aufbewahren braucht der Anhänger gerade einmal 10cm Tiefe des raren Stauraumes. Dies wird durch die schnell abnehmbaren Räder mit Inserat Steckachsen möglich. Ich würde mit diesem Anhänger eine Wohnungszüglete wagen…
Über den Preis haben wir bisher nicht gesprochen: Dieser ist weitaus günstiger als ein Autotransporter aber alles andere als vernachlässigbar. Das Tern kostet in der genannten Ausstattung ca. Fr.7500.– und der Anhänger ca. Fr.2100.–. Nur dank der grosszügigen Unterstützung durch die Albert Koechlin Stiftung konnten wir die Anschaffung stemmen. Ab März 23 können Gewerbebetriebe übrigens wieder Unterstützungsgesuche bei der AKS einreichen.
Fazit
Die gute alte Combo von Velo mit Veloanhänger wird durch die Elektrounterstützung und Leichtbauweise im Anhängerbereich zur veritablen Konkurrenz eines Kleintransporters. Dies unter Beibehaltung der Velovorteile: Geringer Platzbedarf, überlegene Ökobilanz, überschaubare Unterhaltskosten, lautlos – und es benötigt nicht einmal einen Führerschein.
Bruno Ruegge