Überwältigender Pro Velo-Abstimmungserfolg vom 15. Mai 22: Was hat sich seither getan?

Bruno RueggeAllgemein

Kleine Rückblende: Die Stadtluzerner Stimmberechtigten haben sich am Sonntag, 15. Mai 2022, überdeutlich für ein 27 Kilometer langes Velohauptroutennetz ausgesprochen. Satte 71,49 Prozent sagten Ja zum Gegenvorschlag des Stadtrates zur Pro Velo Initiative «Luzerner Velonetz jetzt!». Die Stimmbeteiligung lag bei 43,93 Prozent. Höchste Zeit also zu schauen, was sich seither getan hat und ob sich unser Engagement auch bezahlt macht.

Doch zuerst einmal eine kalte Dusche vornweg: Alle fünf Jahre wird eine Zusatzbefragung zur schweizerischen Volkszählung zum Thema Mobilität erhoben. Die letzte solche Befragung erfolgte im Jahr 2021 und kürzlich wurden die Ergebnisse publiziert. Dort findet sich der «Luzerner Hammer». Eine Spezialauswertung der Uni Lausanne offenbart die Luzerner Misere:

 Modal Split Velo

Bei aller statistischen Unsicherheiten muss festgehalten werden: Keine der acht verglichenen Schweizer Städte -ausser Luzern- ist unter das Velo-Niveau von 2010 gefallen. Das Trostpflästerli hier: Der Fussverkehr hat zugenommen, alle anderen Verkehrsträger, inklusive Velo, ab. Sarkastisch formuliert lässt sich aber auch sagen: Mit dem Gegenvorschlag kann es nur besser werden! Denn der wissenschaftliche fundierte Ausspruch: «Sähe Strassen und Du erntest Verkehr» heisst aufs Velo gemünzt: «Sähe sichere Velostrassen»

Doch was hat sich seither getan? Auf Planungsseite verschaffte unsere Initiative auf das nationale Veloweggesetz einen nicht zu unterschätzenden Zeitvorsprung. Während das nationale Gesetz ab 1. Jan. 23 eine fünfjährige Planungszeit vorsieht, startete Luzern bereits mit einem festgelegten (aber noch nicht durchgeplanten) Routennetz mit teilweise gesicherter Finanzierung.

Statten wir also im Städtischen Tiefbauamt einen Besuch ab und fragen konkret nach dem Stand der Dinge. Auskunft gibt uns Konstatin Kuttenberger, Projektleiter Mobilität und einer von nun drei «Velomobilisten» bei der Stadt (Vor der Annahme des Gegenvorschlages war eine Person dafür zuständig). Er betont, dass erst am 06. Februar 2023 die Freigabe des Kredits erfolgte. Nichtsdestotrotz wird eine Strategie zur Umsetzung des Velonetzes entwickelt und am geplanten Velohauptroutennetz konnten einige Verbesserungen im Sinne von Sofortmassnahmen umgesetzt werden:

  • Optimierung Velogegenverkehr Gibraltarstrasse,
  • Velostrasse Eisfeld-/Landenbergstrasse,
  • Velostrasse Libellenstrasse,
  • Velostrasse Neustadtstrasse.

Und worauf dürfen wir uns als nächstes freuen?

Es sind die konkreten Planungen für

  • Velostrasse St. Karli-Strasse,
  • Sofortmassnahmen Fruttstrasse,
  • Veloroute Littau,
  • diverse Drittprojekte, bei welchen die Idee und die Standards des Veloverkehrs in der Stadt Luzern umgesetzt werden,

an die Hand genommen worden. Es ist also einiges im Köcher bei der Stadt Luzern und Fortschritte sind in Aussicht. Aus Sicht von Pro Velo muss nun aber grosses ABER angefügt werden. Die Hoffnungen auf eine rasche Verbesserung an den hinlänglich bekannten neuralgischen Streckenabschnitten wie dem Schweizerhofquai, der Seebrücke und dem Bahnhof, der Zürichstrasse oder dem Bundesplatz sind nicht gerechtfertigt. Sie alle sind Kantonsstrassen und werden als solche vom Kanton Luzern verantwortet. Der Kanton ist zurzeit noch in der (wichtigen) Erarbeitung seiner Velostrategie und ist noch relativ weit von einer operativen Umsetzung entfernt. Das hindert zu raschen Vorwärtsschritten und wir laufen Gefahr einer weiteren Seitwärtsbewegung. Geduld (und unsere Hartnäckigkeit) sind gefragt.

Und wie sieht das Fazit aus? Es tut sich was in der Stadt in Sachen Veloinfrastruktur, dies massgeblich auch dank unserem politischen Erfolg. Wir starten auf bescheidenem Niveau (Mikrozensus) und schnelle Erfolge sollten deshalb möglich sein. Doch ein Kulturwandel auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen ist auch mit einer souverän gewonnen Abstimmung (noch) nicht erreicht. Wir bleiben dran!

Wie ist der Stand in Emmen und Kriens?

Pro Velo Luzern hat bekanntlich auch in Emmen und Kriens erfolgreich ähnlich lautende Initiativen eingereicht.

In Emmen hat der Einwohnerrat am 14. März einen Gegenvorschlag einstimmig angenommen, worauf das Initiativkomitee die Initiative zurückzog. Der Wermutstropfen dort ist eine verlängerte Umsetzungsfrist.

Kriens ist noch nicht ganz soweit, denn die Vorlage muss zwingend vors Volk. Voraussichtlich wird die Abstimmung am 26. November 23. sein.

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Kreuzung Landenbergstrasse-Werkhofstrasse (Velostrasse Eisfeld-/Landenbergstrasse) mit gedrehter Vortrittsregelung. An dieser Stelle hat der Autor vor Jahren seine drei Kinder über die Werkhofstrasse geführt und gehofft, es möge gut ausgehen.

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