Auf stark befahrenen Strassen mit Tempo 50 braucht es baulich abgetrennte Velowege. Auf Quartierstrassen sind baulich getrennte Velowege oft räumlich nicht möglich. Hier ist Tempo 30 zwingend und der Durchgangsverkehr des MIV (motorisierter Individualverkehr) muss verhindert werden.
Die meisten Velowege beginnen, führen über und/oder enden in einer Quartierstrasse. Für eine sichere Veloinfrastruktur für ALLE, vom 8-jährigen Kind bis zur 80-jährigen Person, ist die Situation auf diesen Strassen daher mitentscheidend. Eine räumliche Trennung der Veloinfrastruktur vom MIV ist auf Quartierstrassen kaum möglich und sinnvoll. Daher ist unabhängig von der Velomarkierung die Menge und die Geschwindigkeit des motorisierten Individualverkehrs entscheidend. Auf Velostrassen werden für das Velo Autoparkplätze aufgehoben und bei Kreuzungen wird Vortritt gewährt. Dies beschleunigt die Velofahrt, macht jedoch die Strasse leider auch für den MIV deutlich attraktiver. Mehr und schnellere Autos reduzieren die Sicherheit für Velofahrende stark. Die Sicherheit für Velofahrende zu erhöhen ist jedoch die absolute Grundvoraussetzung für mehr Veloverkehr.
Verkehrsberuhigungsmassnahmen führen oft zu gefährlichen Situationen für Velofahrende
Mit verschiedenen baulichen Verkehrsberuhigungsmassnahmen wird versucht, den MIV auf Quartierstrassen zu beschränken oder zu verlangsamen. Was auf den ersten Blick sinnvoll scheint, hat einige Tücken. Denn diese Verkehrsberuhigungen führen zu Ausweichmanövern der Autos und Lastwagen, welche die Verkehrssicherheit der Velofahrenden stark beeinträchtigen können. Die mit Abstand seitlich versetzten Parkplätze auf der Strasse werden deshalb oft aufgehoben. Bei umfahrbaren Verkehrsinseln (Bild), stehen davor oft wartende Autos dem Velo im Weg und im Gegenverkehr fährt das Auto um die Verkehrsinsel herum direkt auf entgegenkommende Velofahrende zu.
Sieht sehr velofreundlich aus, aber funktioniert nur bei wenig und langsamem motorisierten Verkehr
Lösungen sind Teilfahrverbote für Autos
Für eine sichere Veloinfrastruktur auf Quartierstrassen ist Tempo 30 und die Verhinderung des MIV-Durchgangsverkehr zwingend. Der Kanton Luzern hat eine Richtlinie für Fahrverbote. Ein Teilfahrverbot wie «Zubringer gestattet» oder eine Einbahnstrasse für den MIV muss mit einem Kurzgutachten detailliert begründet werden. Die Bedingungen für ein Teilfahrverbot sind mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auf verschiedenen für den Veloverkehr wichtigen Gemeindestrassen gegeben. Das erforderliche Kurzgutachten ist allerdings relativ teuer, da die aktuelle Verkehrslage detailliert erhoben werden muss.
Alltag vor der aktuellen Baustelle an der Bruchstrasse
Beispiel Bruchstrasse
In der Bruchstrasse fehlte bis zur aktuellen Baustelle die Verhinderung des Durchgangsverkehrs in Richtung Parkhaus Altstadt. Aktuell ist die Durchfahrt durch eine Baustelle verhindert. Nach dem Verkehrschaos zu Beginn der Baustelle wird die Bruchstrasse nun auch in diese Richtung nicht mehr als Umfahrungsstrasse genutzt. Die Einbahnsignalisation für Autos auch nach der Baustelle zu erhalten und die Umfahrung über die Gibraltarstrasse zu verhindern (Signalisation «nur Zubringer»), würde die Lebensqualität und die Verkehrssicherheit auf der gesamten Länge der Bruchstrasse entscheidend erhöhen.
Mit der Einbahn aufgrund der Baustelle (17 Uhr Werktag)
Till Hofstetter, Velofachplaner